Weltfrauentag 2022

„Frauen nehmen Platz…in der Wellritzstraße“ – unter diesem Motto fanden zum internationalen Weltfrauentag am 08. März vielfältige Aktionen in der Wellritzstraße statt.

Den Auftakt der Veranstaltung bildete ein gemeinsames Gedenken an den Anfang letzten Jahres verübten Femizids von Sevinḉ M. in der Wellritzstraße 4, um ein deutliches Zeichen gegen geschlechtsspezifische Frauenmorde und die Gewalt an Frauen zu setzen. Nach der Begrüßung durch den Veranstalter Kubis e.V., das Stadtteilbüro des Westends, thematisierte Manuela Schon, Referentin für die Koordinierungsstelle der Istanbul-Konvention, insbesondere die aktuelle Gewaltbetroffenheit von Frauen und betonte, dass die Gewalterfahrungen von Frauen keine Privatangelegenheiten sind und Femizide nur die Spitze des Eisberges darstellen. Frauen haben ein Recht auf ein gewaltfreies Leben und so bleibe das „Private“ politisch. Aus aktuellem Anlass läge ein besonderes Augenmerk auf Frauen aus der Ukraine, die in ihrer gegenwärtigen Notlage äußerst gefährdet seien, Opfer von sexueller Ausbeutung zu werden. Die Pandemie habe die Gewalt gegen Frauen noch einmal verschärft und Ungleichheitsverhältnisse im Bereich Frauenarbeit verstärkt. „Forderungen wie die Gewährleistung der Gleichstellung der Geschlechter, die Sichtbarkeit und Anerkennung der Frauenarbeit, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, werden wir jedes Jahr am 08. März lautstark fordern“, sagt Yldiz, eine Vertreterin von Yeni Kadin („neue Frau“), die sich für den Bund der Arbeiter aus der Türkei in Wiesbaden e.V. engagiert. Stadtrat Christoph Manjura griff anschließend in seinem Grußwort die aktuelle Situation in der Ukraine und die daraus resultierenden gravierenden Auswirkungen, besonders für Frauen, auf.

Während eines gemeinsamen Spazierganges durch die Fußgängerzone, bestand die Möglichkeit für alle Interessierten in den Austausch zu gehen. Im Rahmen der Mädchenarbeit des Jugendzentrums Georg-Buch-Haus entstand eine aussagekräftige Ausstellung zum Thema „Catcalling“, die den Fokus auf verbale, sexuelle Belästigungen im öffentlichen Raum legte. Rund 20 Mädchen und junge Frauen waren an der Erstellung der Exponate beteiligt. In vertrauensvoller Runde konnten die Besucherinnen des Jugendzentrums im Vorfeld ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung, die oft auch mit rassistischen Anfeindungen einhergehen, anonym mit Kreide auf große Pappen schreiben. Die teilweise sehr wortgewaltigen Übergriffe standen im starken Kontrast zu den farbenfrohen Forderungen, wie z.B. Mädchen stehen auf Respekt!“, die ebenfalls künstlerisch umgesetzt und am 8. März auch deutlich von den Mädchen eingefordert worden sind.

Anlaufstelle für Frauen und Mädchen im Westend, die von Gewalt betroffen sind, ist die AG Echt&Stark im Georg-Buch-Haus, die sich mit ihren Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungsangeboten für Frauen und Mädchen nach dem feministischen Konzept WenDo- Weg der Frauen auf dem Aktionstag präsentierte und darauf aufmerksam machte, dass es in den nächsten Monaten   Folgeveranstaltungen für Frauen im Wellritzhof im Kooperationsverbund der Vereine und Initiativen im Westen und mit dem Frauenreferat geben wir.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde eine andere Form fehlenden Respekts gegenüber Frauen thematisiert. Vertreter*innen von ver.di haben mit einer „Bewegten Ausstellung“ unter dem Motto „Aufwertung heißt für mich“ auf die schlechte Bezahlung in frauendominierten Berufen und die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt aufmerksam gemacht.

Die namensgebende Fotoaktion „Frauen nehmen Platz…in der Wellritzstraße“ fand im Anschluss zu den Redebeiträgen inmitten des erweiterten Abschnittes der Fußgängerzone Wellritzstraße statt. Hierzu nahmen zuerst alle anwesenden Frauen/ ca 50 Frauen mitten in der Fußgängerzone auf Stühlen Platz, um auf diese Weise in einer visuell männerdominierten Wellritzstraße ein Zeichen für mehr Raum für Frauen zu setzen.  In einer zweiten Fotorunde nahmen alle anwesenden Frauen und Männer gemeinsam Platz.

Mitorganisiert und begleitet wurde der Aktionstag durch Michaela Höllriegel, Vertreterin der Städtebauförderung „Sozialer Zusammenhalt“ im Rahmen des Verkehrsversuchs „Fußgängerzone Wellritzstraße“. Gespräche am „Runden Tisch“ mit den Akteurinnen und Akteuren der „Fußgängerzone Wellritzstraße“ boten Raum für den Austausch und Diskussionen mit den Verantwortlichen zum Thema, wobei Ergebnisse und Beobachtungen, in die weitere Entwicklung als Fußgängerzone einfließen sollen.

Durch den Informationstand des Stadtteilbüros Kubis e.V. und dem KinderElternZentrum Westend hatten Anwesende die Möglichkeit sich über verschiedene Hilfsangebote zu informieren und über die im Vorfeld durchgeführte Umfrage zum Thema „Menschen werden gefragt! – Ist die Wellritzstraße ein Ort, an dem sich Frauen wohlfühlen?“ ins Gespräch zu kommen. Es sollen gemeinsam Wege gefunden werden, die Sicherheit, das Wohlbefinden und die Präsenz von Frauen in der Wellritzstraße nachhaltig zu stärken. Botschaften und Wünsche für Frauen in der Wellritzstraße, konnten Teilnehmende auf dem gestalteten „Frauenthron“ Ausdruck verleihen, wobei sowohl Erinnerungen an den Tag als Polaroidfotos, als auch wichtige Statements, entstanden. Mit dabei waren außerdem die „Kunst-Koffer“, die mit ihrem künstlerischen Angebot für Kinder mit vielfältigen Materialen zum freien Gestalten, Basteln und Malen einluden – denn wo Kinder Platz zum Spielen haben, da sind auch meist die Frauen in der Wellritzstraße zu sehen.

Artikel: Ann-Kathrin Waßenberg